Deutschland: Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen
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9 Milliarden Euro für klimafreundliche Technologie
Das Kabinett hat die erste Maßnahme des Aufbruchspakets beschlossen: Durch Milliarden-Zuschüsse und verbesserte Rahmenbedingungen soll Wasserstoff als klimafreundlicher Energieträger in Deutschland vorangebracht werden.
Damit will die Bundesrepublik weltweit die Nummer 1 bei dieser Technologie werden. Ein neuer 25-köpfiger Nationaler Wasserstoffrat soll die Politik in Zukunft beraten. Die nun verabschiedete Strategie sieht neben den laufenden Förderprogrammen zusätzliche sieben Milliarden Euro dafür vor, dass sich Wasserstoff am Markt durchsetzt. Zwei Milliarden Euro stehen zudem für Konzepte mit internationalen Partnern inbesondere in Europa bereit.
Zehn Gigawatt an Elektrolyse-Kapazitäten
Die Bundesregierung sieht bis 2030 einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 bis 110 TWh. In einem ersten Schritt sollen in Deutschland bis 2030 Erzeugungsanlagen für Wasserstoff von bis zu fünf Gigawatt Gesamtleistung entstehen. Bis spätestens 2040 werden dann Elektrolyse-Kapazitäten von bis zu zehn Gigawatt aufgebaut – dies entspricht der Leistung von zehn Atomkraftwerksblöcken. Bei der neuen Wasserstofftechnologie fallen keine Schadstoffe an, wie es bei der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen der Fall ist. Viel mehr handelt es sich hier um eine nachhaltige Energiegewinnung: Aus Wasser wird der Energielieferant Wasserstoff herausgespalten, der nach Nutzung wieder zu Wasser rückgewandelt und dem Kreislauf wieder zugeführt wird.
Carsten Linnemann, Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, begrüßt das Vorhaben ausdrücklich: „Wasserstoff ist ein zentraler Baustein zum Gelingen der Energiewende. Die heute verabschiedete Nationale Wasserstoffstrategie zeigt auf, wie die Potenziale von Wasserstoff gehoben werden können. Das Gebot der Stunde lautet dabei Technologie- und Sektorenoffenheit, um alle Potenziale möglichst zügig und effizient zu heben. Die Dekarbonisierung muss im Mittelpunkt stehen. Im nächsten Schritt ist die vorgestellte Strategie nun zügig umzusetzen und mit der im Sommer erwarteten Europäischen Wasserstoffstrategie zu verzahnen.“
In der Stahl- oder Chemieproduktion sollen Brennstoffe wie Öl, Koks oder Gas perspektivisch durch Wasserstoff ersetzt werden, um auf diese Weise den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken. Ähnliches gilt für den Schiffs-, Flug- und Schwerlastverkehr, der nur schwer elektrisch betrieben werden kann. Der für Verkehr zuständige Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, betonte die Bedeutung der beschlossenen Strategie für seinen Bereich: „Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie findet die Palette alternativer Kraftstoffe und Antriebe eine zukunftsweisende Ergänzung, wo die Elektromobilität an ihre Grenzen stößt. Gerade Flugzeuge und Schiffe erhalten mit wasserstoffbasierten Treibstoffen einen klimawirksamen Ersatz zu bisher eingesetzten Treibstoffen.“
Wasserstoff ist „Riesenchance“
Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich in den nächsten zehn Jahren ein globaler und europäischer Wasserstoffmarkt herausbilden wird. Auf diesem Markt wird neben sog. „grünem“ Wasserstoff auch CO2-neutraler (z.B. ,,blauer“ oder „türkiser“) Wasserstoff gehandelt werden. Aufgrund der engen Einbindung von Deutschland in die europäische Energieversorgungsinfrastruktur dürfte daher auch in der Bundesrepublik CO2-neutraler Wasserstoff genutzt werden.
Der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagfraktion, Albert Rupprecht, erläuterte die Bedeutung der neuen Technologie: „Für Deutschland ist Wasserstoff eine Riesenchance. Die Entwicklung grüner Wasserstofftechnologien ist ein Schwerpunkt der neuen Strategie. Wir brauchen diese Innovationen für mehr Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit von Energie. Unsere Forschung ist gut aufgestellt und führend, etwa bei Elektrolyse oder organischen Trägerstoffen für Wasserstofftransport. Das wollen wir nutzen und mit der Strategie den Transfer und die Anwendung von Wasserstoff-Know-how forcieren.“
Quelle: CDUCSU
Was ist Wasserstofftechnik?
Als Wasserstoffantrieb wird umgangssprachlich eine Antriebsart bezeichnet, die Wasserstoff als Treibstoff nutzt. Außer beim Raketenantrieb und der Strahlturbine, die tatsächlich die Kraft des ausströmenden, verbrannten Wasserstoffes als Antriebsenergie direkt nutzen, wird im Regelfall der Wasserstoff lediglich als Energieträger für ein nachgeordnetes Antriebssystem eingesetzt.
Im Wesentlichen lassen sich folgende Konzepte unterscheiden:
- die Verbrennung in einem Verbrennungsmotor – siehe Wasserstoffverbrennungsmotor;
- die Verbrennung in einer Gasturbine;
- die Umsetzung in einer Brennstoffzelle mit nachgeschaltetem Elektromotor – siehe Brennstoffzellenfahrzeug;
- die Nutzung als Treibstoffkomponente in Raketen
Energieträger Wasserstoff
Der als Treibstoff dienende Wasserstoff ist keine Primärenergie, sondern muss analog zur Stromerzeugung aus Primärenergie hergestellt werden. Zu seiner Herstellung ist Energie erforderlich. Diese wird bei der chemischen Reaktion in einem Wasserstoffverbrennungsmotor oder in der Brennstoffzelle teilweise wieder freigesetzt. Wasserstoffgas enthält aufgrund seiner geringen Dichte massebezogen mehr Energie pro Gewichtseinheit als jeder andere chemische Brennstoff. Allerdings ist die Energiedichte volumenbezogen sehr gering. Daher muss Wasserstoff als Treibstoff entweder stark komprimiert (bis etwa 700 bar) oder verflüssigt (−253 °C) werden. Beides ist mit zusätzlichem Energieeinsatz verbunden. Des Weiteren kann die LOHC-Technik den Wasserstoff durch gesonderte Verfahren binden, wodurch die beiden vorher genannten Verfahren überflüssig werden. Jedoch wird bei der Bindung ebenfalls Energie benötigt.
Die Abgase einer Brennstoffzelle bestehen aus reinem Wasserdampf.
Bei der Verbrennung von Wasserstoff in Verbindung mit Luft (in einer Gasturbine) enthalten die Abgase zusätzlich Stickoxide, die bei den hohen Temperaturen im Brennraum aus dem Luftstickstoff entstehen. Bei hohem Luftüberschuss (λ≫1) entstehen weniger Stickoxide, allerdings sinkt dann auch der Wirkungsgrad. Bei Kolbenmotoren gelangen weiterhin Spuren von CO und CH in das Abgas. Sie stammen vom Schmieröl zwischen Zylinderwand und Kolben und von der Kurbelgehäuseentlüftung.
Wasserstofferzeugung
Die wesentlichen Verfahren zur Wasserstofferzeugung sind:
- Die thermochemische Konversion kohlenstoffhaltiger Energiequellen (in der Regel Fossile Energieträger) bei Temperaturen von 300–1000 °C. Das älteste Verfahren dieser Art ist die Dampfreformierung mit einem Marktanteil von über 90 %. Mit diesem Verfahren wurde früher aus Kohle und Wasserdampf das Stadtgas (Synthesegas) hergestellt, das ca. 60 % Wasserstoff enthielt. Durch weitere Prozessschritte kann nahezu der gesamte Energieinhalt der Energiequelle an Wasserstoff gebunden werden. Nachteilig dabei ist das entstehende klimaschädliche Gas CO2. Es gibt auch Technologien, Wasserstoff klimaneutral aus Biomasse herzustellen. Eine erste kommerzielle Anlage, der Blaue Turm Herten, wurde wegen Insolvenz der Solar Millennium AGnicht vollendet.
- Wasserstoff fällt als Nebenprodukt bei einer Reihe chemischer Prozesse (z. B. Chlor-Alkali-Elektrolyse) an. Die Mengen sind erheblich, werden jedoch meist weiterverwendet. Allein der in der Region Köln als Nebenprodukt anfallende Wasserstoff würde ausreichen, um 40.000 Pkw dauerhaft zu betreiben (Stand 2010).
- Noch vergleichsweise selten wird Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser hergestellt. Hier werden inzwischen Wirkungsgrade von 70–80 % erreicht (siehe auch Technische Wasserelektrolyse). Es gibt aktuell Projekte, bei denen der Elektrolyseur direkt durch Windkraftanlagen versorgt wird. Windenergieanlagen werden jetzt an windreichen Tagen mit geringer Stromnachfrage vom Netz genommen; sie könnten stattdessen dann zur Elektrolyse für die Wasserstofferzeugung dienen. Problematisch ist dabei neben der notwendigen Energiemenge auch die Bereitstellung des benötigten Wassers: „Um alle Flugzeuge, die auf dem Frankfurter Flughafen tanken, mit Wasserstoff aus der Elektrolyse von Wasser zu versorgen, wäre die Energie von 25 Großkraftwerken nötig. Gleichzeitig würde sich so der Wasserverbrauch von Frankfurt verdoppeln.“
- Versuche, Wasserstoff in einem Wasserstoffbioreaktor mit Algen über eine Variante der Photosynthese herzustellen, befinden sich noch im Forschungsstadium.
Wasserstoffspeicherung
Die technischen Probleme bei der Speicherung von Wasserstoff gelten heute als gelöst. Verfahren wie Druck- und Flüssigwasserstoffspeicherung und die Speicherung in Metallhydriden befinden sich im kommerziellen Einsatz. Daneben existieren weitere Verfahren wie die Speicherung in Nanoröhren oder als chemische Verbindung (N-Ethylcarbazol), die sich noch im Stadium der Entwicklung oder in der Grundlagenforschung befinden.
Wasserstofftankstelle
Als Voraussetzung für die breite Anwendung von Wasserstoffantrieben gilt die Herstellung der Versorgungsinfrastruktur. Um in Deutschland ein flächendeckendes Netz zu erhalten, sind ca. 1000 Wasserstofftankstellen erforderlich.
Weltweit existieren ca. 274 Wasserstofftankstellen (Stand Mai 2017). In Deutschland sind es ca. 30, davon werden nur 7 öffentlich betrieben. Der Daimler Konzern wird in Zusammenarbeit mit der Linde AG weitere 20 Wasserstofftankstellen bauen, um zunächst durchgängige Verbindungen auf der Nord-Süd- und der Ost-West-Achse zu gewährleisten.
Eine Wasserstofftankstelle kostet ca. 1 bis 1,5 Mio. Euro.
Unfallrisiko bei Wasserstofffahrzeugen
Mit Wasserstoff betriebene Pkw sind nicht gefährlicher als mit Benzin oder Gas betriebene Fahrzeuge. Wasserstoff ist wegen der geringen Dichte ein sehr flüchtiges Gas. Im Freien verflüchtigt es sich sehr schnell. In geschlossenen Räumen ist für eine ausreichende Belüftung zu sorgen, da es in einem weiten Bereich von 4–75 Vol.-% entzündlich ist (Benzin: 0,6–8 Vol.-%).Sauerstoff/Wasserstoffgemische mit einem Anteil von unter 10,5 Volumenprozent Wasserstoff sind schwerer als Luft und sinken zu Boden. Die Entmischung erfolgt nicht unmittelbar, so dass bis zur Unterschreitung der 4-Volumenprozent-Grenze die Zündfähigkeit erhalten bleibt. Beim Umgang mit Wasserstoff müssen Sicherheitsvorschriften und Entlüftungsanlagen dieses Verhalten berücksichtigen.
Benzin ist eine Flüssigkeit, die langsam verdampft. Die entzündlichen Benzindämpfe sind schwerer als Luft und verbleiben länger am Boden und der Zeitraum, in dem es sich entzünden kann, ist länger.
Wenn Wasserstoff in geschlossenen Räumen freigesetzt wird, besteht erhöhte Explosionsgefahr, z. B. in Garagen oder Tunneln. Hier ist für eine erhöhte Belüftung und eventuell für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu sorgen.
Die Detonationsgrenze von Wasserstoff liegt bei einer Konzentration ab 18 %. Benzin explodiert wesentlich früher, nämlich schon bei einer Konzentration von 1,1 %. Damit es überhaupt zu einer Explosion oder zum Brand kommt, muss in beiden Fällen ein entstandenes Kraftstoff-Luft-Gemisch erst einmal entzündet werden. Im Fall von Wasserstoff ist dafür eine geringere Energie von 0,02 mJ nötig als bei Benzin (Benzin: 0,24 mJ), in der Praxis spielt das aber keine Rolle, denn bereits die Energie eines elektrischen Funkens reicht aus, um auch Benzindämpfe zu entzünden.
Benzin hat eine deutlich geringere Zündtemperatur (220–280 °C) als Wasserstoff (585 °C), so dass es sich leichter an heißen Oberflächen wie dem Auspuffkrümmer oder dem Katalysator entzünden kann.
Nach einer Entzündung brennt Wasserstoff mit einer höheren Verbrennungsgeschwindigkeit ab als Benzin. Die Flamme bewegt sich dabei mit geringem Durchmesser steil nach oben, wenn sich das Leck an der Tankoberseite befindet.
Eine Wasserstoff-Flamme hat eine geringere Wärmestrahlung als eine Benzinflamme. Neben einer Wasserstoff-Flamme wird es deshalb weniger heiß als neben einer Benzinflamme – der Vorteil ist, dass benachbarte Gegenstände wie z. B. Autositze nicht so leicht Feuer fangen. Auch für Personen, die sich in der Nähe der Flamme aufhalten ist die Gefahr geringer, Verbrennungen zu erleiden. Allerdings ist die Wasserstoff-Flamme kaum sichtbar. Daher besteht die Gefahr, unabsichtlich hineinzugeraten.
Die heute verwendeten Drucktanks halten (im Gegensatz zu Benzintanks) auch schwere Unfälle unbeschadet aus. Wasserstofffahrzeuge mit Drucktanks können problemlos in Parkhäusern und Tiefgaragen geparkt werden. Es existiert keine gesetzliche Bestimmung, die das einschränkt. Im Gegensatz dazu dürfen Fahrzeuge mit Flüssigwasserstoff nicht in geschlossenen Räumen abgestellt werden, da sich durch das Ausgasen explosive Gasansammlungen bilden können.
Ein Beispiel für das Verhalten von Wasserstoff zeigte sich bei mehreren Unfällen von Tankwagen, die mit Flüssigwasserstoff beladen waren. Hier kam es jeweils zur Explosion bzw. zum Abbrennen des Wasserstoffes: Es gab keine oder nur leicht Verletzte, niemand kam bisher ums Leben.
Das Hauptproblem bei der Wasserstofflagerung sind Lecks. Wasserstofftanks und Rohrleitungen müssen aufgrund des gegenüber z. B. Erdgas bzw. Propan/Butan geringeren Moleküldurchmessers wesentlich besser abgedichtet sein. Manche Materialien sind ungeeignet, da sie für Wasserstoff durchlässig sind. Lecks führen nicht nur zu hohen Transportverlusten, sondern bilden ein Sicherheitsrisiko, wenn sich Gas ansammelt und sich ein Wasserstoff-Luft-Gemisch bildet. Deshalb sind Wasserstofftanks und Leitungen aus besonderen Kunststoffen, die eine Diffusion weitgehend verhindern. Solche Systeme müssen vom TÜV abgenommen werden. Von Vorteil ist, dass Wasserstoff wegen seiner geringen Dichte nach oben entweicht und sich nicht, im Gegensatz zu Benzindämpfen, Propan oder Butan, in Vertiefungen sammelt.
Quelle und weiterführende Informationen zur Wasserstofftechnik: Wikipedia
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